Monatsgedanke MÄRZ 2023 «Verzichten»

2023.03 Bild Monatsgedanke März
Bis Ostern bewegen wir uns kirchlich gesehen in der Fastenzeit. Haben wir uns für diese paar Wochen vorgenommen zu fasten oder auf etwas zu verzichten? Auf was verzichtest du, hat mich kürzlich mein Sohn gefragt. Oder ist die Vorosterzeit eine Zeit wie jede andere auch?
Verzicht und verzichten ist ein aktuelles Anliegen. Seit die Klimabewegung uns darauf aufmerksam macht, dass wir auf zu grossem Fuss leben, dass unser Ressourcenverbrauch unsere Erde zerstört, ist Verzicht ein grosses Thema. In der Tageszeitung «Der Bund» wurden kürzlich Menschen interviewt, die um des Klima Willens verzichten, sei es auf Flugreisen, auf ihren alten geliebten VW-Camper, auf Fleisch, auf eigene Kinder usw. Ist Verzicht nun die neue asketische Lebenshaltung, die es zu leben gilt?

Das Wort Verzicht kommt ursprünglich aus der Rechtsprechung. Verzichten bedeutete im Mittelalter, einen legitimen Anspruch aufgeben, auf eine Einforderung verzichten oder im weitesten Sinn des Wortes verzeihen. Der Begriff Askese hat ebenfalls wenig mit Verzicht und Selbstgeisselung zu tun. Das griechische Wort Askese bedeutet üben und wurde oft in Zusammenhang mit Sport verwendet. Askese kann lustvoll und voller Begeisterung sein.

Verzichten und fasten dürfen nicht zum Zwang werden, der in Lebensverneinung mündet und jene vorwurfsvoll anschaut, die nicht verzichten und ihr Leben in vollen Zügen geniessen. Die Bibel ruft uns in Erinnerung, dass Gott keinen Gefallen an einem selbstgefälligen, lustlosen Verzicht hat. So heisst es im Buch Jesaja: «Sollen sie etwa wie Binsen den Kopf hängen lassen, sich in Sack und Asche betten? Wird etwa so etwas ein Fasten genannt und ein Tag, der Gott gefällt? Auch im Neuen Testament wird fasten kritisch gesehen. »Kann etwa die Hochzeitsgesellschaft fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist?» fragt der Evangelist Markus.

Fastenzeit ist nicht Verzichtzeit. Fastenzeit kann mehr beinhalten. In dieser vorösterlichen Frühlingszeit, in der die Tage spürbar länger werden und die Natur grünt und erblüht, zeigt sich die Fülle und Herrlichkeit Gottes. An dieser Fülle habe ich Anteil. Es ist Zeit, die Scheiben durch Putzen wieder zum Glänzen zu bringen, damit die Sonnenstrahlen und das Grün ins Haus eintreten können. Dieses Bild nehme ich auf, um mich einem inneren Frühlingsputz zuzuwenden. Was an alten Gewohnheiten ist für mich und die Mitwelt unnütz, ja schädlich geworden? Was brauche ich und was nicht mehr? Wo muss ich etwas ordnen, loslassen, verändern? Wo brauche ich Neuorientierung und wo kann ich es so lassen, wie es ist?

Fastenzeit ist eine Zeit, in der gelebte Gewohnheiten hinterfragt werden. Muss ich das Handy immer zur Hand haben, damit ich und meine Mitmenschen glücklich sind? Brauche ich auf meinem Speiseplan täglich Fleisch oder könnte ich vegetarische Gerichte ausprobieren und dabei etwas Neues entdecken? Schenke ich mir die Musse, langsamer zu treten, statt durch die Welt zu hetzen? Wie wäre es, Gewohnheiten, die ich wie selbstverständlich in Anspruch nehme, loszulassen? Könnte weniger sogar mehr sein?

Ziel dieses Prozesses wäre es, mehr Lebensqualität für mich und für meine Mitwelt zu gewinnen. Nicht schmerzhaft zu verzichten, sondern das Leben lustvoll und neugierig zu feiern.

Pfarrerin Marianne Hundius

Dokumente